Rundgang in der Altstadt von Conegliano – „Conegliano Urbs Picta”
Von Laura Pasin
Während der Renaissance stand Conegliano im Mittelpunkt eines Prozesses der architektonischen und urbanistischen Erneuerung, der die günstigen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen des Gebiets widerspiegelte, das unter der Herrschaft der Serenissima lange Zeit die Vorteile des Venezianischen Friedens (Pax Veneziana) genossen hatte, durch den der Handel und die Einkünfte aus der Landwirtschaft begünstigt wurden.
In dieser Zeit wurden in der Contrada Grande, die sich am Fuße der Burg entwickelt hatte, viele neue Palazzi errichtet, und zahlreiche Fresken schmückten die Wohnhäuser und Kirchen, die die Stadt in eine wahre Urbs Picta verwandel.
Trotz der von der Zeit, den Witterungseinflüssen und Kriegen verursachten Schäden gibt es in der Stadt noch viele Fresken aus der Renaissance, die Sie auf diesem Rundgang, der auf dem Hügel über der Stadt beginnt, kennenlernen können.
Das Stadtmuseum im Wachturm beherbergt eine Reihe von freistehenden Fresken, von denen wir bei diesem Rundgang nur die aus der Altstadt von Conegliano berücksichtigen wollen.
Im Erdgeschoss der Sala Vazzoler ist auf sieben Tafeln ein Fresko aus der zerstörten Kirche Sant’Antonio Abate in Conegliano zu sehen, die in der Nähe der heutigen Piazza Duca d’Aosta stand. Das Werk wurde um 1514 von Giovanni de Sacchis, genannt Pordenone, geschaffen (* Pordenone um 1483 † Ferrara 1539) und zeigt die Madonna mit Kind (späteren Datums), die Heilige Katharina und den Heiligen Augustiner, Maria Magdalena und Sankt Thomas Becket.
In den oberen Etagen befinden sich:
– Dario da Treviso, Thronende Madonna mit Kind, zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. Das Fresko stammt von einer Wand über dem Treppenabsatz, der den neuen Palazzo Montalban in der Via XX Settembre in Conegliano mit der Frauenempore des Oratoriums der Madonna della Salute verband.
– Venezianischer Maler aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Madonna mit Kind zwischen Engeln und Gläubigem. Das Fresko befand sich ursprünglich in einem heute zerstörten Haus, das links vom Dom in Conegliano stand und zum Pilgerhospiz der Confraternita dei Battuti (Bruderschaft der Flagellanten) gehörte.
Auf dem Vorplatz des Schlosses befindet sich die kleine Kirche Sant‘Orsola, in deren Apsis Spuren der Fresken des bis 1757 bestehenden Kollegiatstifts San Leonardo zu sehen sind. Unter den erhaltenen Malereien ist der Heilige von Limoges zu erkennen.
Wir gehen nun den Hügel durch die malerische Calle Madonna della Neve hinunter.
Dort, wo sich einst die Porta della Castagnera befand, wurde die kleine Kirche der Madonna della Neve errichtet, nach der die Straße benannt ist. Im Innenbereich kann man ein Fresko bewundern, das auf zwei verschiedene Entstehungsdaten zurückgeht: In der Mitte befindet sich die Madonna del latte, die etwa Mitte des 15. Jahrhundert entstand und Giovanni Antonio da Meschio zugeschrieben wird, während die Engel, die musizieren und das Weihrauchfass und Schiffchen halten, im 16. Jahrhundert von dem Maler Francesco Beccaruzzi aus Conegliano hinzugefügt wurden.
Am Ende der Gasse biegen wir rechts in die Via Edmondo De Amicis ein. Bei Nummer 3, heute ein Privathaus, befand sich einst der alte Sitz der Bruderschaft der Beata Concezione (Unbefleckte Empfängnis). Im ehemaligen Versammlungsraum sind Fresken zu sehen, die Sankt Rochus, einen heiligen Bischof, die Jungfrau mit dem Kind, die heilige Anna, Sankt Sebastian und den heiligen Franziskus darstellen, der die Kirche präsentiert. Diese Fresken wurden wahrscheinlich zu Beginn des 16. Jahrhunderts von Francesco Pagani, genannt da Milano, gemalt.
Ein Stück weiter kommt man auf der rechten Seite zur Treppe, die zum ehemaligen Franziskanerkloster führt. Bei Restaurierungsarbeiten wurden Anfang 2000 dekorative Fresken aus dem 16. Jahrhundert an den Wänden des Kreuzgangs und in den Räumen des Inquisitionsgerichts freigelegt. In dem als Gästehaus genutzten Raum kann außerdem ein rundlicher Heiliger Franziskus bewundert werden, der die Besucher mit offenen Armen empfängt, und im angrenzenden Raum ist wieder das Fragment eines Freskos sichtbar, das den Heiligen Bonaventura da Bagnoregio darstellt, der als einer der wichtigsten Biographen des Heiligen Franziskus von Assisi gilt.
Wir gehen jetzt das Treppchen hinunter, das zur Via Beccaruzzi führt, die den Namen des Künstlers aus der Renaissance trägt. Sein ehemaliges Wohnhaus ist heute der Sitz der Alpini (Gebirgsjäger) von Conegliano.
Sobald wir den kleinen Platz erreichen, biegen wir links in die Via Cima ein, die zu einem der ersten mit Fresken geschmückten Häuser von Conegliano führt. Sie erkennen es auf der rechten Seite am „Regalzier“ einem Dekorationselement, das als Fugenmalerei bekannt ist, das Mauerwerk nachahmt und ab Beginn der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Venedig verwendet wurde. Der Grundriss des Gebäudes und die pflanzenähnlichen Elemente, die das Dachgesims schmücken, lassen jedoch vermuten, dass das Fresko aus dem 15. Jahrhundert stammt.
Wir folgen der Straße, die im Spätmittelalter von Familien des Kleinbürgertums besiedelt war: Handwerker, Händler usw. Nachdem wir die Casa Cima passiert haben, wo der berühmte Renaissance-Maler Giovanni Battista Cima (Conegliano, * 1459/1460 – † etwa 1517) lebte, der aus einer Tuchmacher-Familie stammte, machen wir vor dem Haus zu unserer Linken Halt, das auf seiner Fassade noch Spuren von Fresken aufweist. Bei Restaurierungsarbeiten, die vor einigen Jahren durchgeführt wurden, kamen unter mehreren Putzschichten rautenförmig angeordnete pflanzenartige Dekorelemente und im oberen Teil ein Wappen zum Vorschein, in dessen Mitte eine „römische Waage“ zu sehen ist, eine in Stahlhöfen verwendete Laufgewichtswaage, deren Funktionsweise auf dem Hebelprinzip beruht, wahrscheinlich eine Anspielung auf den Beruf der damaligen Hausbewohner.
Am Ende der Straße, an der Ecke zur Via Accademia, befindet sich die Casa Sbarra, die wahrscheinlich in zwei Abschnitten ab Ende des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Die Fassade war einst vollständig mit Fresken bedeckt, von denen noch die Malereien gut sichtbar sind, die durch den Dachüberstand geschützt sind. Bei dem Künstler könnte es sich um Dario da Treviso (etwa 1420 – † Conegliano vor 1498) handeln, für dessen große Meisterschaft es in diesem Gebiet viele Zeugnisse gibt. Die Dekorleiste auf der Mansarde könnte jedoch von einem anderen Maler stammen, möglicherweise von Girolamo Pennacchi (vgl. Giuliano Martin, Conegliano affrescata, Vianello Libri, 1989).
Unter dem Säulengang können eine Heilige Konversation und eine Kreuzigung bewundert werden, deren Zuschreibung noch umstritten ist.
Wir gehen nun hinunter zur Via XX Settembre, der antiken Contrada Grande und biegen nach rechts ab, wo als zweites Gebäude die mittelalterliche Casa Biffis steht: Von den Fresken, die ursprünglich die gesamte Fassade schmückten, ist heute nur noch der Bereich unter dem Dachgesims mit Elementen des klassischen Repertoires sichtbar.
Etwas weiter vorne beherrscht die jetzige Stadtkathedrale die Straße; die ursprüngliche Kirche und der darüber liegende Versammlungssaal wurden jedoch von der Bruderschaft der Flagellanten im 14. Jahrhundert errichtet.
In diesem Gebäudekomplex blieben zahlreiche Fresken erhalten: dekorative Elemente aus dem späten 15. Jahrhundert in den Kirchenschiffen, Bilder des Heiligen Laurentius und Stephanus auf den Säulen im Innenbereich der Kirche, die Lünette mit der Darstellung der Jungfrau unter den Flagellanten über dem Eingangstor und dekorative Elemente im Säulengang. Von besonderem Wert sind jedoch zwei Zyklen, die beide zur Ausschmückung der darüber liegenden Sala dei Battuti gemalt wurden:
-Die Fassade ist mit dem größten Wandfresko der gesamten Region Venetien geschmückt. Es wurde Ende des 16. Jahrhunderts von Ludovico Toeput, genannt Pozzoserrato, einem flämischen Maler, geschaffen, der sich nach einem Aufenthalt in Venedig bei Tintoretto und in Rom in der Marca Trevigiana niederließ, wo er bedeutende Kunstwerke schuf. Auf diese Fassade malte er über den Sybillen und Propheten in den Deckensegeln zwischen den Bögen biblische Szenen, in deren Mittelpunkt die Flagellanten dargestellt sind, die unter Anrufung der Heiligen Jungfrau ein dem Sturm ausgeliefertes Schiff retten eine deutliche Anspielung auf die Häresien, die damals die Existenz der Kirche untergruben.
-Der Innenbereich des Saals wurde von Francesco da Milano mit einem Freskenzyklus ausgemalt, der die Geschichte Christi von seiner Geburt bis zum Jüngsten Gericht darstellt. Der Abriss einer Wand, der für die Vergrößerung des Raums notwendig war, erforderte einen nachträglichen Eingriff von Pozzoserrato, der die Szenen der Erschaffung der Welt, der Erschaffung von Adam und Eva und der Erbsünde malte, während die Verkündigung, die Heimsuchung und die Geburt Christi, die auf der kleineren Seite des Raums gemalt wurden, wahrscheinlich das Werk von Mitarbeitern sind.
Etwas weiter vorn auf der Via XX Settembre, aber auf der anderen Straßenseite, erhebt sich der Palazzo Graziani, heute Bidasio Zoppas, bei dessen kürzlicher Restaurierung Fresken mit Dekorelementen ans Licht gebracht wurden: eine Hirtenszene und eine weibliche Figur auf rotem Hintergrund, die zwischen Ende des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts geschaffen wurden. Wenn wir den gleichen Weg zurückgehen, kommen wir an der Ecke zur Piazzetta 18 Luglio 1866 zur Casa Dalla Balla, heute Piutti, die Fresken aus dem 16. Jahrhundert mit Zierelementen und karikiert dargestellten Figuren zeigt.
Nachdem wir die Piazza Cima und die Seitenstraße Via Sbarra hinter uns gelassen haben, die von der ehemaligen Feuerwache gesäumt wird, deren Wanddekorationen aus dem 15. Jahrhundert das frühere Rathausgebäude verschönen, gelangen wir zu verschiedenen freskengeschmückten Häusern: Auf unserer linken Seite befindet sich der Palazzo Grimani Vettori, auf dessen oberem Teil der Kardinalshut und das Wappen der Familie Grimani zu sehen ist, während die unteren Bereiche seit kurzem wieder mit bunten und einfarbigen Szenen geschmückt sind, unter anderem ist die Wölfin mit Romulus und Remus dargestellt, ein passendes Motiv für diese bedeutende venezianische Familie, die in Rom über große Besitztümer und politische Beziehungen verfügte. Auf der rechten Seite befindet sich die Casa Colussi, der ehemalige Sitz der Ritter des Podestà, in dem noch bedeutende Spuren der Freskenverzierung erhalten sind, die einst die Fassade mit allegorischen Szenen, Blumenfeldern und Girlanden bedeckte. Die jüngsten Restaurierungsarbeiten haben auch Fresken in den Innenräumen ans Licht gebracht.
Unter dem Säulengang kann man ein Fresko mit einer ungewöhnlichen Ikonographie bewundern: Auf einem breiten Marmorthron mit dekorativen Elementen im Renaissancestil sitzen rechts eine strenge Jungfrau mit Kind und links Der ein Kruzifix haltende Gottvater.
Etwas weiter befindet sich auf der linken Seite der Palazzo Sarcinelli mit Fresken aus dem 16. Jahrhundert in der Eingangshalle, an der Gegenfassade und im Hauptgeschoss, von denen einige Riccardo Peruccolo (Zoppè, zwischen 1515 und 1520 – Conegliano 1568) zugeschrieben werden, einem unglücklichen lokalen Künstler, der als angeblicher Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden sich weitere mit Fresken bemalte Gebäude, Zeugen der antiken Urbs picta: Die Bilder einer lesenden jungen Frau, eines Ritters und von Adam und Eva sind noch deutlich zu erkennen.
Etwas weiter vorne, auf der linken Seite der Straße, befindet sich der alte Pfandhaus Monte di Pietà, das 1525 von Ludovico Fiumicelli (um 1500 – 1582) mit dem Fresko Pietà und Engel mit Passionsinstrumenten geschmückt wurde.
Die Straße und unser Rundgang enden an der Porta Monticano oder Löwentor, das nach dem Gemälde von Pordenone in einer Nische der Brückenbrüstung benannt wurde.
Nützliche Informationen
Bildergalerie